Auf dem Weg zu einem europäischen Mindestlohn und mehr Tarifverträgen

28.06.2022

POSITIONEN UND MEINUNGEN DER UEL

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament haben am 7. Juni 2022 eine vorläufige Einigung über den Entwurf einer Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union erzielt.  

Die Einigung legt als solche keinen einheitlichen und verbindlichen europäischen Mindestlohn fest, sondern hält die Mitgliedstaaten dazu an, ein „angemessenes“ Mindestlohnniveau zu erreichen, das ihren Bürgern ein „menschenwürdiges Leben“ garantiert. Luxemburg gehört heute unter den 22 Mitgliedstaaten, die einen Mindestlohn vorschreiben, zur Gruppe der Länder mit den höchsten Mindestlöhnen in Europa. 

Das Abkommen schreibt außerdem vor, den sozialen Dialog über Lohnfragen zu stärken. Der europäische Text sieht nämlich vor, dass ein Staat, in dem weniger als 80 % der Beschäftigten unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrags fallen, einen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen aufstellen muss. Derzeit liegt die tarifvertragliche Deckungsrate in Luxemburg für den Privatsektor bei 53 % (siehe STATEC-Panorama über die luxemburgische Arbeitswelt anlässlich des 1. Mai – Regards n° 03 – 04/2022). Dieses Ziel muss jedoch relativiert werden: Obwohl die Zahl 80 % in der Vereinbarung genannt wird, wird sie nicht als absolutes Ziel festgelegt, das es zu erreichen gilt. Es ist in der Tat von entscheidender Bedeutung, sich vor Augen zu halten, dass die Ziele des sozialen Dialogs und des Sozialschutzes in unterschiedlichen und vielfältigen Formen erreicht werden können. Luxemburg braucht sich für seine Leistungen in diesem Bereich nicht zu schämen und es gibt keinen Grund, künstlich ein Modell zu fördern, das den Erwartungen und Bedürfnissen vor Ort nicht gerecht wird. Schließlich ist die Wirtschaftsstruktur Luxemburgs zu berücksichtigen, die auf relativ intellektuellen Berufen und kleinen Unternehmensgrößen (98% mit weniger als 50 Beschäftigten) beruht. 

Die Einigung über die künftige Richtlinie muss noch formell vom Rat der EU und vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments gebilligt werden, damit das neue EU-Recht in Kraft treten kann. Die 27 Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in ihr jeweiliges nationales Recht umzusetzen. Die UEL wird die Umsetzung dieses europäischen Textes in nationales Recht genau verfolgen, um sicherzustellen, dass das Funktionieren und die Entwicklung von Unternehmen geschützt und der Wohlstand der nationalen Wirtschaft insgesamt gefördert wird.