Die Chance des Europäischen Semesters

21.06.2023

PRESSEMITTEILUNG

Die zweite jährliche Sitzung des nationalen sozialen Dialogs im Rahmen des „Europäischen Semesters“ fand am 21. Juni 2023 statt. In Anwesenheit der Regierung und der Sozialpartner konzentrierte sich die Sitzung auf die Empfehlungen den ausführlichen Länderbericht, die von der Europäischen Kommission an Luxemburg gerichtet worden.

Während die letzten Dreierkoallitionen von 2022 und 2023 versuchten, auf die Krisensituationen zu reagieren, verfolgen die Dokumente der Europäischen Kommission einen eher strukturellen Ansatz, indem sie mehrere Feststellungen und Herausforderungen des Landes vorlegen. Die Sitzung am 21. Juni war daher eine gute Gelegenheit für Michel Reckinger, dem Präsidenten der UEL, die Position der UEL vorzustellen und die strukturellen Herausforderungen in den Vordergrund zu rücken.

Die UEL beschränkte sich in ihrer Stellungnahme auf die von der Europäischen Kommission hervorgehobenen Herausforderungen, obwohl es auch andere gibt, wie zum Beispiel die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den schwindelerregenden Anstieg der Lohnkosten. Es sei angemerkt, dass laut dem STATEC die durchschnittlichen Lohnkosten voraussichtlich im Jahr 2023 um 5.8% und im Jahr 2024 um 3.7% steigen werden, hauptsächlich aufgrund der zahlreichen Indexstufen.

Folgende Herausforderungen wurden besprochen:

  • Staatsfinanzen : das derzeitige gewaltige Defizit des Zentralstaats (kumuliertes Defizit von 10 mia EUR zwischen 2023 und 2027) und der unvermeidliche Rückgang der Überschüsse der Sozialversicherung (von +1.1 mia EUR im Jahr 2023 auf +0.57 mia EUR im Jahr 2027) führen dazu, dass der gesamtstaatliche Saldo künftig (und dauerhaft) ein Defizit aufweist. In diesem Zusammenhang fordert die Europäische Kommission Luxemburg auf, eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen und die Unterstützungen für Haushalte gezielter auszurichten.
  • Die Nachhaltigkeit des allgemeinen Rentenversicherungssytsems, die nach Ansicht der Europäischer Kommission die Hauptbudgetherausforderung für Luxemburg darstellt und seine langfristige Tragfähigkeit gefährdet, hauptsächlich aufgrund des erwarteten starken Anstiegs der Rentenkosten. Es handelt sich um eine wiederkehrende Empfehlung der Kommission, die bedauert, dass in den letzten Jahren nichts unternommen wurde um dieser Problematik vorzugreifen.
  • Wohnraum, für den es kein ausreichendes Angebot gibt und dessen Politik zu sehr auf den Erwerb von Wohneigentum ausgerichtet ist, anstatt möglichst vielen Haushalten bei der Wohnunraumbeschaffung zu helfen.
  • Nach einer Stagnation der Produktivität zwischen 2000 und 2020 stellt die Europäische Kommission fest, dass die jährliche Produktivität in den Jahren 2021 und 2022 um 2.3% beziehungsweise 2.0 % zurückgegangen ist. Die UEL hat die verschiedenen Ansätze der Europäischen Kommission (und auf nationaler Ebene des Nationalen Produktivitätsrates) zur Steigerung der Produktivität wie Talente, Digitalisierung und Innovation zur Kenntnis genommen. Die UEL hat ebenfalls betont, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen unbedingt reduziert und vereinfacht werden müssen.
  • Die Leistungen Luxemburgs im Bereich der Innovation wachsen langsamer als der EU-Durschnitt, was die Kommission dazu veranlasst zu behaupten, dass „Luxemburg seine Rolle als Vorreiter in der EU verliert“. Die UEL wies darauf hin, dass die Europäische Kommission keine Unterstützung für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Form von Steuergutschriften gibt. Dies im Gegensatz zu den meisten OECD- und EU- Ländern.  Dies bereitet der UEL Sorgen, da Innovation und Forschung für den Erfolg des ökologischen und digitalen Wandels von entscheidender Bedeutung sind.
  • Die Herausforderung der Talente wird auch von der Europäischen Kommission aufgegriffen, wissend dass die Verfügbarkeit von Arbeitskräften eine Herausforderung für die Nachhaltigkeit und den Wohlstand des Landes darstellt.

 Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere angesichts des sich abschwächenden wirtschaftlichen Umfelds. Tatsächlich könnte sich die wirtschaftliche Lage angesichts zahlreicher Risiken sogar noch weiter verschlechtern darunter geopolitische Spanneungen, protektionistische Tendenzen, anhaltende Inflation bei allen nicht-energetischen Gütern, Auswirkungen der anhaltenden Straffung der Geldpolitik auf den privaten Konsum und die Investitionen (und somit auf das zukünftige Wirtschaftswachstum), Auswirkungen steigender Zinssätze auf die Nachfrage im Immobiliensektor, Neugestaltung des internationalen Steuersystems…

Schließlich weist die UEL auf den letzten Konjunkturbericht des STATECs hin, in dem es heißt: „Der STATEC hatte die Regierung und die Sozialpartner während der Dreierverhandlungen im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, dass sich die wirtschaftlichen Aussichten verdüstern würden“ und dass „die Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik heute an den zahlreichen Konjunkturindikatoren, insbesondere dem BIP, an der Wende zu 2022 und 2023 zu erkennen ist“. Der STATEC hat somit seine Prognosen für den BIP-Wachstum deutlich nach unten korrigiert, auf +1.5% im Jahr 2023 und +2.5% im Jahr 2024.

Die UEL hofft, dass die politischen Parteien die Erkenntnisse, Empfehlungen und anderen Botschaften der Europäischen Kommission zu Kenntnis nehmen, um eine attraktive Wirtschaft zu entwickeln und Luxemburg auf den Weg eines nachhaltigen Wachstums leiten und so den Wohlstand des Landes zu gewährleisten.